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Türchen 06 "Backvergnügen"


Backvergnügen

Die Haustür fällt ins Schloss.
„Bereit?“, frage ich.
„Ja!“, schreien meine Enkelkinder und strecken mir ihre Handflächen entgegen.
„Gebt mir fünf!“, rufe ich und klatsche die beiden ab. „Abteilung rechts um! Händewaschen! Marsch!“ Wir laufen im Gleichschritt Richtung Badezimmer. Ich schaue der braunen Brühe nach, die im Abfluss verrinnt.

Jetzt kann es losgehen. In der Küche habe ich alles fürs Plätzchenbacken vorbereitet. Eifrig mischen die Kinder die Zutaten in der überdimensional großen Schüssel, trotzdem geht einiges daneben. Der Tisch ist sauber abgewischt und so schieben wir das Mehl, den Zucker und das aufgeklopfte Ei einfach zurück in das Gefäß. Meine Enkel quietschen vor Vergnügen. Wir singen „In der Weihnachtsbäckerei ...“ Der Teig verbindet sich zu einer homogenen Masse und sofort tauchen die ausgestreckten Zeigefinger der Kinder in die Schüssel, um gleich danach in ihren Zuckerschnuten zu verschwinden.
„Und?“, frage ich.
„Lecker!“
„Es fehlt noch Mehl.“ Ich nehme eine Handvoll aus der Tüte und werfe es in die Höhe. Es wirbelt wie Schneestaub durch die Luft. Das ist der Startschuss. Kleine Kinderhände sorgen für einen „Schneesturm“ in der Küche. Kreischend laufen wir uns um den Tisch herum nach. Der Stimmpegel ist enorm und ich erwarte, dass meine Nachbarin an der Haustür klingelt. Ding-Gong! Ich verberge das Schlachtfeld hinter der Küchentür und öffne grinsend.
„Nein, bei uns ist alles in Ordnung Frau Meier!“ Ich nicke ihr freundlich zu.
Wir haben viel Spaß beim Ausstechen, Ausbacken und Verzieren. Als meine Tochter kommt, um die Rabauken abzuholen, gibt es Plätzchen und heiße Schokolade.

 © 2020 Flora MC (Alsace)

 


Weihnachtszauber im Rathaus

Marina öffnet die schwere Holztür am Rathaus und hält sie auf, sodass Stefan und seine jüngere Schwester Sophie hineingehen können. Eine wohlige Wärme, lautes Stimmengewirr bricht über sie herein. Sophie rückt ein Schritt zurück und hält sich an Mama’s rechter Hand fest. Links von ihnen ist die Garderobe aufgebaut, wo sich Jacken türmen. Rechts ist eine Glasscheibe, durch die sie eine Bastelstation sehen, wo Kinder Kerzen verzieren.
„Kommt, wir gehen zur Kassa und kaufen uns Chips. Ihr könnt euch aussuchen, was ihr machen wollt.“
Marina nimmt Stefan an die Hand. Sie suchen sich durch die vielen Kinder den Weg zur Kassa. „Dann schauen wir mal, was es gibt. Hier haben wir es auf den Schild stehen. Station 1: Backvergnügen, Station 2: Schmuck basteln, Station 3 Kerzen verzieren.“
„Mamma, ich will Kekse backen“ ruft Sophie dazwischen.
„Ich auch. Bitte, bitte.“
Marina dreht sich zur Verkäuferin um: „Wir bekommen zwei Chips für das Kekse backen.“
Beim Backvergnügen kam eine jüngere Frau mit Backschürze und Bäckermütze gekleidet zu ihnen. „Möchtet ihr backen?“
„Ja!“
„Dann kommt mit.“
Stefan und Sophie folgen ihr hinter die Glasscheibe. Sie schlüpfen in rote Umhängeschürzen. An einem freien Tisch bekommt jeder einen Platz, wo ein Brett, eine kleine Teigkugel, Teigroller und mehrere Ausstecher liegen. Die Bäckerin zeigt den Kindern, wie sie den Teig ausrollen und die Kekse ausstechen sollen.
Nachdem alle Kekse ausgestochen sind, erhalten die beiden eine Tüte mit frisch gebackenen Keksen und laufen zur Marina.
„Mama, die haben wir ganz alleine gemacht“, sagt Stefan.

 

© 2020 Sandra Novak (Wien)

 


Oh du Sinnliche

„Nimm es mir bitte nicht übel“, Tim lächelte gequält, „aber Backen und Vergnügen gehören für mich nicht in einen Satz. Und erst recht nicht in ein Wort.“
„Ach?“ Luisa legte das Rezept weg, das sie gerade studierte. „Und warum nicht?“
„Naja.“ Er seufzte. „Als Kind musste ich meiner Oma immer dabei helfen, Spritzgebäck zu backen und habe eine gefühlte Ewigkeit den Fleischwolf gedreht. Danach hatte ich immer fiese Blasen.“

Luisa griff nach seiner Hand und küsste deren Fingerspitzen, eine nach der anderen. „Hat das anschließende Plätzchenessen dich wenigstens entschädigt?“
Tim schüttelte den Kopf. „Die guten Plätzchen hat meine Oma für den Weihnachtsbasar in der Gemeinde reserviert. Ich durfte nur die braunen, knusprigen essen.“
„Verstehe.“ Sie tauchte ihren Finger in die Nougatmasse, die sie vorbereitet hatte. „Mit mir wird Backen garantiert eine gänzlich andere Erfahrung.“

Tim ließ sie nicht aus den Augen, als sie den Nougat auf ihren Lippen verstrich.
„Ich werde dir beweisen, dass es zurecht Backvergnügen heißt.“ Luisa stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Der süße Geschmack des Nougats verbreitete sich auch in ihrem Mund, als Tim den Kuss vertiefte.
„Hmmm“, flüsterte er gegen ihre Lippen. „Das gefällt mir in der Tat.“
„Dann solltest du das Rezept lesen. Es kommen noch Schlagsahne, Eierlikör und-“ Den Rest des Satzes verschluckten seine Lippen.
Luisas Hände wanderten zu seinem Po. „Außerdem muss der Teig sorgfältig durchgearbeitet werden.“ Sie knetete sanft seine Pobacken. „Es empfiehlt sich, das vorher zu üben.“
Tim lachte leise und murmelte: „Oh du Sinnliche“.

 

 © 2020 Katja Kobusch (Hamburg)

 


Backe, backe, Kuchenteig

Mirko lugte um die Ecke. Das gruselige Geschmatze kam vom Küchentisch, wo die Dosen mit den frisch gebackenen Plätzchen von seinen Schwestern standen. Im Dunkeln konnte er allerdings nicht ausmachen, wer ihm da zuvorgekommen war und sich eifrig bediente. Er schlich näher und starrte mit offenem Mund auf den kleinen Teigklumpen, der munter die Keksdosen plünderte.
„Was glotzt du so?“ Mit den winzigen Hörnern und dem Schwanz sah er wie ein Mini-Dämon aus. „Du warst zu faul zum Ausrollen und Ausstechen, nicht wahr? Hast einfach einen Haufen Teig aufs Blech geklatscht und es ‚Plätzchen-Monster‘ genannt. Das reine Backvergnügen, oder?“ Mit beiden Ärmchen schaufelte sich der Kleine den Inhalt der Keksdose in den Rachen.
„Hör jetzt auf damit“, befahl Mirko.
„Nö, selbst schuld. Du hast mich gebacken, schon vergessen?“
„Ja, aber ...“
„Stotter nicht rum, reich mir lieber die nächste Keksdose.“
„Auf keinen Fall. Sonst haben die beiden morgen doch keine Plätzchen mehr für den Schulbasar.“
Das Monster zuckte mit seinen Teig-Schultern. „Na und? Ich habe halt einen monstermäßigen Hunger.“ Es grinste ihn frech an. „Was willst du denn hier in der Küche, hm? Deinen Schwestern mitten in der Nacht ein paar Kekse klauen, stimmt’s?“
Es reichte! Mirko schnappte sich den Küchenlöffel und gab dem Monster damit eins zwischen die Hörner. Zu seiner Verblüffung fiel es auseinander, und auf dem Tisch lagen lauter fein verzierte Plätzchen, bei deren Anblick einem das Wasser im Munde zusammenlief. Schnell füllte er die Keksdosen damit, wobei er sogar vergaß, davon zu naschen.

 

 © 2020 Anathea Westen (Lipperland)

 


Hunde SOS

„Zeit für den Abendspaziergang.“
Momo und Flicka sprangen beim Ruf meiner Schwester Amy aus ihren Körbchen und flitzen in den Flur. Ich schmunzelte. Schön für mich. So konnte ich mich ganz dem Backvergnügen widmen. Ich legte die Silikonform auf den Tisch. Eulen sind zwar nicht gerade weihnachtlich, aber ich wollte sie in Schnee-Eulen verwandeln. Zwei gelbe Smarties für die Augen, eine Rosine für den Schnabel, braune Mäusedreck, wie wir die feinen Schokostäbchen nennen, auf die Flügel und das Gebäck mit weißem Puderzucker überstreuen. Mir vorstellend, wie meine Schwester das Gebäck kosten würde, bestrich ich die Formen mit Butter. Das würde ein besonderer Adventssonntag werden.

Plötzliches Hundegebell riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute hoch. Durch das Fenster war nichts als dicker Nebel zu sehen. Immer lauter bellten die Hunde und plötzlich ging einer von beiden in kläglichem Gejaule über. Dieses reine Stimmchen würde ich unter Tausenden erkennen.
„Aber, das sind Momo und Flicka. Was ist da los?“
Müsste meine Schwester sie nicht längst beruhigt haben? Das Gebell dauerte an, wurde kräftiger. Da stimmte etwas nicht. Ich hastete zum Flur und erschrak. Auf dem Bord lag Amys Asthma Notfallspray. Ich begriff schlagartig. Das war ein SOS. Ich griff das Spray und rannte dem Gebell entgegen. Unweit von zu Hause lehnte Amy nach Luft schnappend an einem Zaunpfosten. Ich verhalf ihr in die
Kutscherposition und reichte ihr den Spray.

Am nächsten Tag genoss meine Schwester auf den Schreck Schnee-Eulen und die beiden Fellnasen zwei dicke Knochen. Sie hatten es verdient.

 

© 2020 Lucy Engel (Luxembourg)

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Flora MC (Sonntag, 06 Dezember 2020 12:39)

    Wie schön �, es hat sich eine weitere Autorin zu uns gesellt. Sehr schöne Geschichtsideen, vielen Dank für's Ausdenken und Teilen.